Alltag und Gedankenfreiheit
Zu Beginn jeder Schulstunde hat mein damaliger Kunstlehrer das Lied „Die Gedanken sind frei“ angestimmt und wir Schülerinnen und Schüler haben mitgesungen. Wer das Lied nicht kennt, sollte es sich unbedingt anhören!
Dieses Lied hat schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel, ist aber deshalb nicht weniger aktuell. Auch heute kommt es ständig darauf an, wo die eigene Freiheit anfängt und wo sie aufhört, auch um die Freiheiten anderer zu schützen. Besonders im sozialen Umgang mit unseren Mitmenschen, mit Tieren und Sachen ist unsere Freiheit nicht grenzenlos. Zum Teil wird sie durch Gesetze eingeschränkt (zum Beispiel durch § 242 des Strafgesetzbuchs, der den Diebstahl fremder Sachen unter Strafe stellt), zum Teil aber auch durch unser gesellschaftliches Wertesystem, etwa möglichst pünktlich zu sein oder auch Lebensmittel nicht unnötigerweise wegzuwerfen.
Es gibt aber auch sehr banale Einschränkungen, beispielsweise dass man seine Spielfigur bei „Mensch ärgere dich nicht“ nur dann sechs Felder nach vorne bewegen darf, wenn man eben auch eine Sechs gewürfelt hat.
Wenn man also sein eigenes Verhalten und Denken reflektiert, fallen viele kleine Freiheitsbegrenzungen und -einschränkungen in alltäglichen Situationen auf, die unser Verhalten prägen, aber gleichzeitig ein Gefühl von „Unfreiheit“ hervorrufen können. Auch stressige und unangenehme Situationen oder ein immer gleicher Tagesablauf können unsere gefühlte Freiheit, also auch unsere Gedankenfreiheit, negativ beeinflussen. Denn wenn ich sehr gestresst bin, kann ich ja gerade nicht frei (und nur schwer positiv) denken. Und solche Gedanken hat jede und jeder.

Nico Dreimüller
Nationalspieler Rollstuhlbasketball und Paralympics-Teilnehmer 2016 und 2021
Deshalb sollte zu unserer Gedankenfreiheit nicht nur gehören, tatsächlich einen Gedanken frei fassen zu dürfen, sondern auch, uns von (negativen) Gedanken befreien zu können, selbst wenn es nur für eine begrenzte Zeit ist. Also einen Moment herbeizuführen, in dem ich nicht nachdenken muss, all meine Sorgen und Ängste links liegen lassen und einfach „abschalten“ kann. Denn ich glaube, dass nur dann unsere Gedanken vollkommen frei sind.
Für mich waren immer Sport und Bewegung der Schlüssel zu diesem Freiheitsgefühl. Wenn ich mich auf dem Basketballspielfeld, im Schwimmbad oder draußen im Park bewege, mein Puls steigt und ich mich körperlich anstrenge, fallen alle meine
Sorgen von mir ab. Ich fühle mich frei, weil ich in diesen Momenten frei von Gedanken bin und einfach lebe.
Jede und jeder braucht einen gedanklichen „Abschaltknopf“. Was ist deiner?
Nico Dreimüller
Nationalspieler Rollstuhlbasketball und Paralympics-Teilnehmer 2016 und 2021